27.07.2020, 11:17
(27.07.2020, 10:00)Kcct12 schrieb:(27.07.2020, 08:23)Holger schrieb: Es geht hier aber immer - wie in der ganzen Diskriminierungsdebatte - um Subjektivität.
Wenn sich jemand davon diskriminiert fühlt (und nur darum geht es), dass SIE als Lehrer angesprochen, dann kann man als jemand, der nicht in dieser Situation steckt nicht darüber urteilen, dass diejenige sich "nur diskriminiert fühlen will".
Wer als Außenstehender will denn entscheiden ob ein (und hier ist dann genau EINE Person gemeint) Schwarzer beleidigt wird, weil er Neger genannt wird und eine Frau, die mit einem männlichen Titel angeredet wird eben nicht? Und da kann man dann aus meiner Sicht nicht hingehen und sagen, dass es historisch "normal" ist, dass man die männliche Bezeichnung verwendet, denn 1.) ist es auch historisch einen Schwarzen Neger zu nennen und 2.) ist eben diese Historie auch ein Zeichen der Unterdrückung, die sich dann wiederum im unterschiedlichen Lohn darstellt.
Okay subjektiv betrachtet ist dein Anstoß richtig. Du hast recht. Einen weiblichen Lehrer gibt es schon nicht mehr. Frau Lehrer habe ich auch nie in der Schule verwendet. Frau Lehrerin schon und Herr Lehrer auch, aber was ist mit den androgynen, diversen Lehrenden? Die fühlen sich doch bestimmt auch diskriminiert, wenn dieser Mensch als Sie oder Er tituliert wird.
Auch den historischer Bezug zu der genannten Frauendiskussion habe ich hinreichend dargelegt, dass Frauen sehr wohl schon im 18-19 Jahrhundert an die Unis durften und auch Lehrstühle inne hatten. Da waren wir aufgeklärt und fortschrittlich. In der historischen Lohnbetrachtung hinken wir im Westen tatsächlich hinterher, weil wir erst in den 50ern und 60ern dieses ganze "der Mann ist der Ernährer"-Konzept hinter uns gelassen haben. Die Folge war aber nicht wie im Osten (propagiert) die gleiche Entlohnung der Frau. Das ist das Problem und das hat in meinen Augen nichts damit zu tun, dass meine Mutter zum Beispiel in den 70ern eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann gemacht hat, sondern dass Männer in der Leitung von Firmen sitzen, die die Frauen mit geringerem Entgelt abspeisen, und es immer noch Frauen gibt, die sich das gefallen lassen.
Damit will ich nicht die Diskussion in die Richtung gelenkt haben, dass die Diskriminierten selber schuld sind, die Sprache ist in meinen Augen ein geringer Aspekt des Ganzen. Für dich hat er eine größere Bedeutung und da kann man dann die Meinungen so stehen lassen.
Schön, dass man doch Diskutieren kann.
Ich will nicht sagen, dass es eine "größere" Bedeutung hat. Wenn man es mit direkten Ansprachen (wie deiner Frau) oder gar Taten vergleicht, dann ist Diskriminierung im alltäglichen Sprachgebrauch vielleicht wirklich untergeordnet.
Aber da Sie einem allgegenwärtig begegnet ist sie von der Wichtigkeit aber nicht einfach hinten anzustellen. Und darum geht es ja. Gegen jedwede Art einer diskriminierenden Tat gibt es Gesetze (wie stark diese verfolgt werden soll jetzt nicht zur Diskussion stehen, aber es gibt sie). Da ist es dann ja kontraproduktiv, wenn man parallel in Gesetzen sprachlich diskriminiert - auch wenn dies sicher im Vergleich nicht so schlimm ist wie eine Gewalttat.
Man stelle sich nur mal einen Augenblick lang vor im GG stünde: Die Würde des Bürgers/des Einwohners/des Mannes (wie auch immer man das ausdrückt aber eben in der männlichen Form) ist unantastbar.